Das Potential von Pflanzenkohle – was sagt der BUND?

Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) hat eine Einschätzung für die Verwendung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft herausgegeben (BUND: Terra Preta / Pyrolysekohle. BUND-Einschätzung ihrer Umweltrelevanz. April 2015). Es handelt sich um ein 18-seitiges Dokument, das ich für euch zusammenfassen möchte. Wenn ihr es selbst lesen wollt, findet ihr die Quelle ganz unten. Der BUND bewertet den Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft eher negativ. Dies ist angesichts des Hypes um die Pflanzenkohle sehr gut, denn ich finde es wichtig, sich kritisch mit dem Potential und den Grenzen von Pflanzenkohle auseinanderzusetzen.

Abstract: Das Fazit des BUND zum Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft ist durchwachsen. Die Befürchtung ist, dass gesundes Holz geschlagen und als Pflanzenkohle verkauft wird, anstatt direkt die CO2-bindende Wirkung des Waldes zu nutzen. Außerdem wären für den Einsatz in der Landwirtschaft unvorstellbare Mengen an Biomasse nötig, um daraus genug Pflanzenkohle herzustellen, was zu Raubbau an gesunden Wäldern oder Holz führen könnte. Daher empfiehlt der BUND die Verwendung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft nur sehr eingeschränkt. Als sinnvoll wird die Verwendung im Gartenbau gesehen.

1.      Gründe und Bedarfe für den Eintrag von Pflanzenkohle in den Boden

Der BUND schreibt, dass sich neben der populärwissenschaftlichen Literatur vermehrt auch die Wissenschaft mit dem Potenzial von Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung und als Instrument zum Klimaschutz beschäftigt. Der Schutz des Bodens und seiner Biodiversität wird als sehr wichtig angesehen. Diejenigen, die den Einsatz von Pflanzenkohle und Terra Preta befürworten, sehen in ihr das Potential,

ausgelaugte Böden zu verbessern

dem Boden Nährstoffe zuzuführen

die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen

dauerhaft CO2 und andere klimaschädliche Gase im Boden zu binden

die Wasseraufnahme- und Speicherfähigkeit des Bodens zu erhöhen

1.1 Pflanzenkohle zur Bodenverbesserung und für besseren Humus

Der BUND argumentiert aber, dass sich neben der aufwändig herzustellenden Terra Preta dafür aber auch der Einsatz von simplem Kompost oder Mist, eine ausgeklügelte Fruchtfolge im Anbau und das Aufheben der Monokultur eignen würden (S. 3f.). Das ist zweifellos richtig, nur, dass die Zugabe von Pflanzenkohle ja eine dauerhafte und nachhaltigere Humusform ermöglichen soll. Da es bisher aber noch keine Langzeiterfahrungen mit der hier hergestellten Terra Preta oder dem Biokohlekompost gibt, ist unklar, wie sich die Zugabe von Pflanzenkohle auf die Bodenbeschaffenheit und die Struktur der Mikroorganismen auswirkt. Es gibt Studien, die keinen verbesserten Effekt auf die Humusbildung durch die Zugabe von Pflanzenkohle im Vergleich zum kohlefreien Kompost feststellen (S. 4).

Der BUND zitiert (Meta-)Studien, die sich mit dem Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft befassen. Teilweise sind die Studienergebnisse zum bodenverbessernden Potential der Pflanzenkohle uneindeutig oder negativ, jedoch:

„Allerdings wurden in diese Metastudien Untersuchungen einbezogen, bei denen die reine Pyrolysekohle ausgebracht wurde, die offensichtlich nicht ertragssteigernd ist. Die Kohle wird deswegen in neueren Untersuchungen vor der Anwendung z.B. durch Mit-Kompostierung aktiviert, was eher zur Ertragssteigerungen führt.“

BUND: Einschätzung Pflanzenkohle 2015, S. 5

1.2 Die Reduktion von Methanemissionen

Die Einschätzung des BUND ist von 2015, mittlerweile gibt es auch größere und langfristigere Studien. Sie betonen die Möglichkeit der Reduktion von Lachgasemissionen durch die Zugabe von Pflanzenkohle auf Kompost oder Mist. Während des Kompostierungsprozesses werden neben CO2 auch Methan und Lachgas freigesetzt, die sehr stark klimawirksam sind (S. 5). Dazu haben Terytze/Wagner sowie auch Krause geforscht. Ihre Ergebnisse widersprechen sich in Teilen.

2.      Energieaufwändige Herstellung der Pflanzenkohle

Die Herstellung von Pflanzenkohle (sie schreiben in der Regel Pyrolyse-Kohle) erfordert Energieaufwand. Für die Herstellung dürfen nur Abfälle von Holz und Grünschnitt verwendet werden, anderes Holz oder Grün wird vom BUND strikt abgelehnt. Während des Pyrolysevorgangs werden klimaschädliche Emissionen freigesetzt, es gibt aber Pyrolyseanlagen, die so geringe Emissionen aufweisen, dass sie behördlich genehmigt sind (dazu gehört auch die Anlage im Botanischen Garten in Berlin sowie die Pyreg-Anlage in Österreich, S. 5f.).

Ist ein sauberer und technisch ausgereifter und kontrollierter Pyrolysevorgang nicht möglich, so kann die Verbreitung von Pyrolyseöfen für Kleinbetriebe vom BUND nicht unterstützt werden. Hier wäre es tatsächlich interessant, nachzuforschen, wie Vereine wie Char2Cool e.V. oder andere Pyrolyseofen-Hersteller diese Möglichkeit von klimaschädlichen Emissionen ausschließen.

2.1 Eintrag von Schadstoffen (PAK) in den Boden

Ab Seite 6 befasst sich der Text mit der möglichen Zufuhr von Schadstoffen in den Boden. Hier besteht die Sorge, dass sich während der Pyrolyse Schadstoffe, die den Boden kontaminieren können. Damit sind Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gemeint. Das sind umweltschädliche Schadstoffe, deren Einsatz und Verwendung in der Industrie verboten sind. Daher gibt es strikte Grenzwerte, die auch bei der Pflanzenkohle eingehalten werden müssen. Hier wird wieder die Bedeutung des technisch ausgereiften Pyrolysevorgangs betont sowie die Notwendigkeit von regelmäßigen Kontrollen der Kohle auf Schadstoffe (S. 6).

2.2 Missbräuchliche Verwendung von ungeeignetem Material zur Herstellung von Pflanzenkohle

Ein weiteres Problem wird in der kriminellen Verwendung von Abfällen gesehen, die organischen Ursprungs, aber giftig oder kontaminiert sind. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass Holz geschlagen und verkohlt wird, das anderweitig besser genutzt werden könnte und auch als temporärer CO2-Speicher dient.

Zusätzlich können andere nicht-organische Bestandteile enthalten sein, was die Wertigkeit der Kohle mindern oder kriminellen Machenschaften Vorschub leisten könnte. Die deutsche Gesetzgebung ist im Bereich der Abfallwirtschaft sowie der Bodenschutz- und Altlastenverordnung aus diesen Gründen sehr streng, was vom BUND uneingeschränkt unterstützt wird.

3.      Menge der Biomasse als Ausgangsmaterial für Pflanzenkohle

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Auftragsmenge. Die Literatur ist in dieser Hinsicht uneindeutig und geht von 1- 40 Tonnen Pflanzenkohle pro Hektar aus. Der BUND stellt eine Beispielrechnung auf der Grundlage von 20 Tonnen Pflanzenkohle pro Hektar Boden auf. Für so viel Kohle müssten enormen Mengen an Holz und Grünschnitt verkohlt werden, so viel Biomasse fällt in der Landwirtschaft aber nicht an. Der BUND beurteilt den Mangel an Ausgangsmaterial für die Herstellung von Pflanzenkohle als zu bedeutend, um sie großflächig in der Landwirtschaft als Bodenverbesserungsmittel einzusetzen (S. 7f.). Teilweise ist es ökologisch sinnvoll, Grünschnitt und Laubabfälle vor Ort zur Stabilisierung des dortigen Ökosystems verbleibt. Eine Entnahme zum Zwecke der Verkohlung ist nicht nachhaltig (S. 8).

4.      Pflanzenkohle im Boden als CO2-Speicher

Zur Klimawirksamkeit in Bezug auf den CO2-Entzug aus der Atmosphäre schreibt der BUND, dass die Pflanzenkohle als humussteigernder Zusatzstoff nur im ökologischen Landbau sinnvoll ist, da eine deutliche Steigerung des Humusgehalt in der konventionellen Landwirtschaft nicht gegeben ist. Da nur 6 % der Ackerbaufläche in Deutschland ökologisch betrieben wird, ist die Emissionsreduktionswirkung durch die Zugabe von Pflanzenkohle gering (S. 8f).

Zur Emissionsreduktion in Bezug auf Lachgas schreibt der BUND, dass es keine eindeutigen Ergebnisse diesbezüglich gibt (S. 10f., s. u. 1.2).

4.1 CO-Speicherung nur ein Aspekt bei der Verkohlung

Zur Speicherfähigkeit von CO2 im Boden durch das Einbringen von Pflanzenkohle sind verschiedene Faktoren relevant. Die Pflanzenkohle muss stabil sein und darf nicht sofort zerfallen. Das Ausgangsmaterial wie Holz soll sich lediglich für die Verkohlung eignen und nicht für wertigere Verwendung wie den Möbelbau.

4.2 Wärmegewinnung während der Pyrolyse

Bei der Kompostierung reduziert die Pflanzenkohle die Emissionen und der Prozess der Pyrolyse ermöglicht die Wärmegewinnung, aber das reine Verbrennen des Holzes zur Wärmegewinnung ist deutlich effizienter (S. 10f.). Der BUND betont die geringe Ausbringungsmenge, da es wenig Ausgangsmaterial zur Herstellung von Pflanzenkohle gibt. Größere Mengen einzubringen wäre eine Form des Geo-Engineerings, da sie nur der CO2-Bindung und nicht mehr der verbesserten Humusproduktion dient und ist somit abzulehnen (S. 11f.).

Zusätzlich wird die Heizleistung während des Pyrolyseprozesses betrachtet. Da die Masseverluste während der Pyrolyse erheblich sind, sind die energetischen Leistungen gering, das Verbrennen von Holz ist deutlich effizienter (S. 11).

4.3 Reduktion der Lachgasemissionen

Da die Studienlage zur Reduktion von Lachgasemissionen ungenügend zum Zeitpunkt der Publikation war, rät der BUND vom Einsatz von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft ab, da es nicht genug Ausgangsmaterial für die Pyrolyse gibt. Sollten die Emissionen dieser klimaschädlichen Gase jedoch beträchtlich durch den Einsatz von Pflanzenkohle reduziert werden können, könnte das das Klimaschutzpotenzial zum Teil neu eingeschätzt werden (S. 13).

5.      Fazit und Empfehlungen

Schlussendlich befürwortet der BUND die Diskussion zur Verbesserung des Bodens, mahnt aber eine kritische und sachliche Diskussion an. Andere Maßnahmen seien wirkungsvoller:

„• die Abkehr von der industriellen Landwirtschaft,

• die sachgerechte Definition der „guten fachliche Praxis der landwirtschaftlichen Bodennutzung“ in der Bodenschutz- und Landwirtschaftsgesetzgebung (Beste und Valentin 2010) und

• die Förderung des Ökolandbaus mit seiner den Humus und das Bodenleben fördernden Wirtschaftsweise.“ (S. 13).

BUND: Einschätzung Pflanzenkohle 2015

Somit wird die Verwendung von Terra Preta als nachhaltige, kreislaufförmige Humuswirtschaft in kleinräumigen Anbauräumen angeraten. Dieses Wissen kann den Veränderungsprozess in der bisher stark auf synthetische Dünger, intensive Bewirtschaftung, Monokultur und Massentierhaltung setzende konventionelle Landwirtschaft unterstützen. Regionale Stoffkreisläufe müssen erschlossen und neu gedacht werden. Dann kann auch der Einsatz von Pflanzenkohle für einen nachhaltigen Humusaufbau im Boden sinnvoll sein (S. 13).

Der Schadstoffeintrag in den Boden ist unbedingt zu vermeiden und muss auch in der Forschung bedacht werden. Außerdem fordert der BUND, dass kein Holz nur für die Herstellung von Pflanzenkohle angebaut wird, da dieses das Konzept der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft ad absurdum führt und schon bei Biosprit zu riesigen Monokulturfeldern geführt hat, die alles andere als ökologisch oder nachhaltig sind (S. 14f.).

Der Einsatz im Gartenmaßstab wird vom BUND befürwortet, da auch die Terra Preta ein Boden für den Gartenbau war (S. 15). Da die Terra Preta de Indios in sogenannten ehemaligen Gartenstädten zu finden ist, sollte sie vielleicht auch wirklich nur in diesem Bereich eingesetzt werden. Hierfür muss sichergestellt werden, dass bei der Herstellung von Pyrolysekohle auf Laub-, Grünschnitt- und Holzabfällen Emissionen so gering wie möglich gehalten werden. Wie kleine und Kleinstöfen für den Privatgebrauch das sicherstellen, möchte ich gerne noch herausfinden.

Quelle:

https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/_migrated/publications/150504_bund_sonstiges_bodenschutz_terra_preta_einschaetzung.pdf – Abruf: 15.11.2020

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